Die Vorbereitung

Das Ganze Projekt der Café-Farbklecks-Übernachtung beruhte auf einem tragischen Missverständnis. Gerhard H. schlug in kleiner Runde vor, für die ältere Gruppe (ab 5. Klasse) einen Filmabend anzubieten, was ich durch in eigenen Jugendzeiten gebildete Assoziationen automatisch mit einer anschließenden Übernachtung verband und sogleich auch dem Jungvolk schmackhaft machte. Damit war der Stein ins Rollen gebracht und war nicht mehr aufzuhalten.

Zur Durchführung des Ganzen wurden nun verschiedene Zutaten benötigt: Einen Termin, ein Abendessen, einen Film, eine weibliche Betreuungsperson und zu guter Letzt auch Teilnehmer.

  1. Der Termin: „Machen wir halt beim nächsten Mal den Freitag vorher“
  2. Das Abendessen: Burger mit Pommes konnte sich knapp gegen Pizza durchsetzen. Jegliche gesunde und nahrhafte Kost ist bereits in der Vorrunde ausgeschieden.
  3. Der Film: Da habe ich mir zahlreiche Gedanken gemacht, zahlreiche Filme bestellt, zahlreiche Filme angesehen, vergeblich um Rat gefragt, ein Amazon-Prime-Abo abgeschlossen und bin mir gewahr geworden, dass die meisten christlichen Filmproduktionen ein ähnliches Drehbuch- und Schauspielniveau erreichen wie Scripted-Reality-Dokus im Vormittags-Programm von RTL. Das Rennen hat dann ein Klassiker gemacht: „Die Reise auf der Morgenröte“ nach einem Roman von C.S. Lewis.
  4. Die weibliche Betreuungsperson: Nachdem unsere Chefin Claudia K. mit entsetztem Blick ihre Niemals-nicht-und-nimmermehr-Teilnahme bei wie auch immer gearteten Übernachtungen mit Kindern verkündet hatte, wurden wir glücklicherweise mit Corina N. fündig, die sich uns von selbst als Ersatz-Claudia anbot. Da diese aber erst etwas später nachkommen konnte, suchten und fanden wir mit Sabine solange eine Ersatz-Corina bzw. Ersatz-Ersatz-Claudia.
  5. Gerechnet hatten wir mit etwa fünf Anmeldungen, maximal zehn. Es wurden schließlich fünfzehn. Fünf Mädchen und zehn Jungs.

Das Essen

Sämtliche Zutaten wurden von Gerhards Hirn klug kalkuliert, sorgfältig ausgewählt und abgezählt, um sämtliche hungrige Mäuler von Kindern und Betreuern stopfen zu können. Nun habe ich aus meiner Zeit als Jugendkreismitarbeiter der Gemeinde zwei Erfahrungen mitgebracht: 1. heranwachsende Jugendliche können mehr verspeisen als eine Herde ausgewachsener Rhinozerosse  und 2. Der Herd in der Gemeindeküche braucht mindestens zehnmal so lange wie ein herkömmlicher Küchenherd. Die erste Erfahrung war insofern verblasst, dass es sich bei unseren Cafe-Farbklecks vorwiegend um Kinder handelte, die sich noch vor dem entscheidenden Wachstumsschub befinden und nicht um ausgehungerte Teenager, weswegen ich Gerhards Kalkulation anzweifelte und entsprechend Angst vor einer drohenden Hungerkatastrophe schürte, was sich allerdings als völlig unbegründet herausstellte. Meine Erinnerung an den nutzlosen Schrott-Herd war insofern verblasst, dass ich zwar noch wusste, dass man ihn ein wenig eher anschalten sollte, aber nicht mindestens eine Stunde eher. Daher versäumte ich es diesmal, Gerhards und Sabines Kalkulationen anzuzweifeln und entsprechend Angst vor einer drohenden Hungerkatastrophe zu schüren. Inzwischen waren die meisten Kinder angekommen, hatten geholfen beim Tischdecken, Gemüse schnibbeln, Teelichter anzünden und Abfälle wegbringen. Und waren wieder verschwunden, in ihre Schlafquartiere, im Jugendraum, in den Gängen oder in die benachbarte Vernissage. Nur die hungrigsten sahen ab und an in der Küche vorbei, um sich über den aktuellen Fortschritt des Essens zu erkundigen, aber die Pommes wollten einfach nicht werden. Irgendwann gaben wir auf und fangen dennoch mit dem Essen an, latschiger Pommes zum Trotz. Satt und zufrieden wurden dennoch alle.

Der Film

Damit zumindest von der technischen Seite her nichts anbrennt, haben wir Sven E. engagiert, damit er uns bei der Vorführung per Beamer auf Leinwand die nötigen Einstellungen vornimmt. Der gemeindeeigene DVD-Player, ebenso wie der Gemeindeherd nicht an regelmäßiges Arbeiten gewöhnt und kurz vor der Rente, wartete aber noch geduldig ab bis Sven weit genug weg war, als er seinen Dienst endgültig quittierte. Wir standen zunächst etwas ratlos da, konnten aber dann mittels telefonischer Fernwartung das Problem schließlich lösen. Inzwischen war die fleißige Köchin Sabine nebst Tochter ehrenvoll entlassen worden und Einwechselspielerin Corina rannte hochmotiviert auf das Spielfeld, während Gerhard mit dem Do-yourself-Popcorn kämpfte. Er hat verloren.

Nach dem Film redeten wir noch passend dazu, wie wir mit schwierigen Charakteren umgehen und wie Jesus das macht, anhand von dem Zöllner Matthäus und dessen seltsamen Kumpels, die er dann zu einer Party einlud und Jesus sich rechtfertigen durfte, mit wem er sich da in Gesellschaft befindet.

Der weitere Abend

Den ganzen Abend schon drängten etliche Kinder darauf, sich gegenseitig mit Infrarotlichtsignalen zu bestrahlen, besonders die Jungs. Zwar konnten die wenigsten Erwachsenen sowie die Mädchen den tieferen Sinn darin ergründen, aber nicht unser, sondern ihr Wille sollte geschehen. Die Damen zogen sich unterdessen weitgehend zurück und mir wird es auf ewig verborgen bleiben, wie sie ihre Zeit verbrachten. Als es dann nachts wurde, mussten noch einige Wehrwölfe gejagt und dingfest gemacht werden, welche die Gemeinderäume unsicher machten. Als sich die Wehrwolfjagd in die Länge zog, drängten wir aufgrund der fortgeschrittenen Stunde darauf, die Jagd abzubrechen und am nächsten Morgen fortzusetzen und trösteten die Kinder damit, dass die Wölfe auch am nächsten Morgen noch da sein würden. Getrennt nach Geschlechtern gab es für Freiwillige noch eine Gute-Nacht-Geschichte und dann sollte allmählich Ruhe einkehren. Sollte. Aber es dauerte mindestens noch eine Stunde, bis Corina und Gerhard als Sherriff und Deputy für Ruhe sorgen konnten. Marshall Thiemo schnarchte da schon eine ganze Weile.

Der nächste Morgen

Schon recht früh wurde die Jagd auf die Wehrwölfe fortgesetzt, aber auch andere schöne Spiele kamen diesmal zum Zuge. Da wir eine leise Ahnung hatten, dass es diesmal etwas voller werden würde, stellten wir noch zwei Zusatztische auf und diese wurden auch dringend benötigt: Zusammen mit den Jüngeren waren es jetzt 29 Kinder, deren Mäuler wir zu stopfen hatten, ein Cafe-Farbklecks-Rekord!

Thiemo für das Cafe Farbklecks-Team